Martha Argerich und ihr Festival in Hamburg
Von Gerrit Glaner
Man merkt, wann es Sommer wird, unter anderem an den unzähligen Festivals. Viele sind großartig, sogar einzigartig. Kann man, sollte man da welche herausheben? Man kann, man muss! Zum Beispiel das Martha Argerich Festival, das 2023 bereits zum fünften Mal in Hamburg stattfand. Steinway war von Anbeginn Partner.
Die vornehmlichste Besonderheit ist zweifellos Martha Argerich selbst. Sie ist ein Solitär, bewundert vom Publikum und neidlos anerkannt im Kollegenkreis. Solange man zurückdenken kann, arbeitet sie mit den größten Musikerinnen und Musikern ihrer Zeit zusammen. Schließlich ist sie selbst eine davon! Aber ist sie deshalb eine abgehobene Diva? Mitnichten, im Gegenteil! Ob auf der Bühne oder auch jenseits davon, fühlt und wirkt sie mit den Menschen und ist eine großzügige Unterstützerin.
Ausnahmekünstlerin Martha Argerich unterstützt die junge Generation
Besondere Aufmerksamkeit widmet sie der jungen Generation, welche stets frühzeitig Respekt und Förderung verdient. Dieses Anliegen eint Martha Argerich und Steinway, heute wie damals: die gegenseitige enge und herzliche Verbundenheit entstand bereits am Beginn ihrer Laufbahn, als sie im Teenageralter zwei der wichtigsten internationalen Klavierwettbewerbe (Genf und Busoni) gewann.
Martha Argerich Festival veranstaltet von den Symphonikern Hamburg
Status, (Un-)Bekanntheit, Alter, Prominenz sind Martha Argerich keine wesentlichen Kriterien, für sie zählen eher Worte wie „echt“ und „hingebungsvoll“. Eben dies kennzeichnet auch die Leidenschaftlichkeit hinter der Bühne. Zehn Tage rotiert es in der altehrwürdigen Laeiszhalle rund um die Uhr. Alle ziehen am selben Strang mit äußerst gestreckten Dienstplänen: Künstlerische und technische Leitung, Hallen-Team von der Direktion bis zu Bühnenpforte, Notenwart, Catering und natürlich das Steinway-Team, allen voran die Konzerttechniker.
Eine Besonderheit dieses Festivals ist der Veranstalter: ein Orchester! Dabei sind die meisten Konzerte solistischer und kammermusikalischer Natur. Die Symphoniker Hamburg sind mit Martha Argerich seit langem herzlich verbunden und fügen dem gemeinsamen Eröffnungskonzert zahlreiche Konzerte mit eigenen Kammermusikensembles und Freunden hinzu, die Martha Argerich eigens zu sich auf die Bühne eingeladen hat. Und alle kommen, ihretwegen. Unter ihnen waren auch in diesem Jahr wieder viele Steinway Artists, u.a. Stephen Kovacevich, Elena Bashkirova und Jura Margulis.
Pianistisches Gipfeltreffen mit Martha Argerichs Freunden
Der rote Faden, der das Festival prägt und gleichsam alle Beteiligten verbindet, ist nicht die Konzertform, sondern die Freundschaft, musikalisch und persönlich gleichermaßen. Hingebung eben. Ein Wesensmerkmal Martha Argerichs ist es, aus dem Moment heraus zu leben und ihn besonders zu machen. Jeder, der sie einmal im Konzert erlebt hat, versteht das sofort. Von den Tageszeiten bevorzugt sie fraglos die späten Stunden. So ist es kein Wunder, dass sie nach den Konzerten noch mitternächtlich übt, zumal bei mehrtägigen Projekten wie diesem. Hier werden keine Tournee-Programme abgespult, sondern eigens zusammengestellte Konzerte aufgeführt, die unmittelbar in der Laeiszhalle tags — und eben auch nachts — geprobt werden.
Martha Argerich mit Daniil Trifonov und Sergei Babayan
Innerhalb der stilistischen Vielfalt von Klassik, Jazz bis hin zu traditioneller portugiesischer und indischer Musik spielte das Klavier, wen wundert‘s, die Hauptrolle. Martha Argerich war immer mittendrin. Auch für sie ergaben sich viele Neuerungen. Drei Konzerte seien hier herausgehoben: Bei einem denkwürdigen pianistischen Gipfeltreffen an zwei Steinways spielte sie erstmals mit Daniil Trifonov zusammen, danach auch mit dessen Lehrer (und ihrem langjährigen Duopartner), Sergei Babayan. Abschließend zelebrierten Lehrer und Schüler eine Rachmaninoff-Hommage.
Martha Argerich und Daniel Barenboim
Ganz und gar nicht neu, aber wohl am bewegendsten war die Begegnung Martha Argerichs und Daniel Barenboims. Beide kennen sich seit 75 Jahren und haben unzählige Male miteinander musiziert (auch bereits im ersten und dritten Festival in der Laeiszhalle). Für diesen Abend war Barenboim trotz erheblicher gesundheitlicher Probleme eigens gekommen, und gemeinsam ließen sie das Publikum an ihrer tiefen menschlichen Freundschaft teilhaben. Es gab Standing Ovations für diese beiden Legenden bereits bei der Begrüßung wie auch nach dem Konzert - aber bei manchen Konzertbesuchern ebenso gerührte Stille ….
Martha Argerich mit Gil Shaham und Misha Maisky
Im Publikum saßen auch der Geiger Gil Shaham und der Cellist Misha Maisky. Mit ihnen bestritt Martha Argerich am Abend darauf das Schlusskonzert, zunächst mit jedem einzeln (Beethovens Kreutzer-Sonate beziehungsweise Schostakowitschs Cello-Sonate) und zum Schluss Haydns Klavier-Trio G-dur Hob. XV:25. Dieses und auch die Zugabe, den fulminanten dritten Satz aus Mendelssohns Klaviertrio Nr.1, hatten die Drei nach dem Konzert mit Barenboim geprobt. Um 2 Uhr brannte noch Licht…
Für den Schlusspunkt wechselte Martha Argerich das Instrument. Im Scheinwerferkegel auf der Bühne beendete sie „ihr“ Festival mit einem Gongschlag - und läutete die Planungen für das sechste Festival 2024 ein. Steinway wird wieder dabei sein.
Fotos: Cove Nouveau / Daniel Dittus
Video: Kiran West
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